quote:
DIE PEINLICHE REDE VOM SCHNÖDEN MAMMON
... oder wieviel bin ich wert?
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Über die Naturhemmung der Schweizer, über Geld zu reden – auch für Deutsche und Österreicher geeignet!
Fragen Sie mal einen flüchtig Bekannten, wieviel Geld er verdient. In der Schweiz werden Sie sogar bei guten Bekannten auf Granit beissen und ein geheimnisvoll-nichtssagendes Lächeln ernten. Voll ins Fettnäpfchen:
Über Geld redet man nicht! Du Depp!!!
Diagnose: Die Schweizer haben ein Riesenproblem, über Geld zu sprechen. Denn sie denken: Wer wenig verdient, ist ein schlechter, wer viel verdient, ist ein guter Mensch. Und weil wir Schweizer ja alle zuwenig verdienen, zumindest verglichen mit Billy, sind wir alle schlechte Menschen. Ein tiefes Gehalt preiszugeben, ist obermegapeinlich. Deshalb arbeiten wir auch so viel. Das schlechte Ge-wissen! Ein Supergehalt zuzugeben, ist ebenfalls äusserst peinlich, denn es zeigt, wieviel besser man ist als all die andern. Deshalb lieber bedeutungsvoll lächeln und so tun, als sei man mindestens Erbe einer Bank, was in der Schweiz ja eh meistens der Fall ist.
Und dann erst noch ein Gehalt zu verhandeln. Oh Gott, peinlich, peinlich, ach wie peinlich, all das.
Regel Nr. 1: So nicht!
1. Runde – Gong: Ich stelle bei einem sehr guten Kunden einen sehr guten, ziemlich hochkarätigen Manager vor. Nach einem sehr erfolgreichen Gespräch (ich hab' mich schon auf die Provision gefreut, hihihi) antwortet er auf die Frage: “Was wollen Sie denn verdienen?” mit der Gegenfrage, “Was haben Sie sich denn so gedacht?” Tolle Antwort. Ich sitze daneben und denke: “Ups?” Das denk' ich öfter in solchen Situationen, ein guter Gedanke!
2. Runde – Gong: Der Personalmensch guckt zu Recht ein biss-chen dupiert, denn wer kassiert schon gern auf eine liebliche Frage eine brutale Gegenfrage. Und er fragt – noch freundlich: “Wir haben schon so unsere Ideen, aber ich wollte wissen, was Sie sich denn so vorgestellt haben?” Da erwacht des edlen Ritters Kampfesgeist und die Naturhemmung in unserem Schweizerli: “Grummel, chnorz, murks, jaja, äh, ehm, aber Sie haben doch sicher ein Gehaltssystem, wo ist denn die Stelle da angesiedelt?” Ein Tiefschlag unter die Gürtellinie, schlicht unanständig! Ich sitze daneben, werde etwas weisslicher und denke: “Doppel-Ups?!?” Auch kein schlech-ter, wenn auch völlig unnützer Gedanke.
3. Runde – Gong: Personalmensch wird gar bitterlich. Es zuckt durch seinen Kopf “Herrgottnochmal, ich hab' zuerst gefragt!” Und es kommt dick und süss-sauer: “Natürlich haben wir ein Gehaltssystem, aber ich will jetzt von Ihnen wissen, was für einen Preis Sie haben!” Ich versinke daneben in meinem Stuhl, werde hellweiss, suche mit meinem Bein nach dem Bein meines Bewerbers, um ihn gar unsanft zu tre-ten, aber der holt schon zum letzten, endgültigen Schlag aus:
4. Runde: “Ich will Ihnen nicht einfach so eine Zahl nennen, das hängt doch vom Job ab und von Ihrem Unternehmen, was können Sie denn so zahlen?” Schrei!!! Ich beisse in die Tischkante und dem Bewerber ins lebende Fleisch, ich küsse den armen Personalmenschen tröstend auf die feuchte Stirn, das Rennen ist gelaufen. Mein Mann meint, er sei ein starker Verhandler und habe eben gewonnen, dabei ging er gerade auf die Bretter und hat's nicht mal gemerkt. K.O.
Er wurde steif-höflich verabschiedet – und ich war meine Provision los und der Junge seinen neuen Job. So geht das nicht! Das können natürlich auch Deutsche und Österreicher – nebenbei. Tun Sie das NIIIIIIEEEEE!!! Dabei ist das alles so einfach:
Regel Nr. 2: Take it easy
Antworten Sie doch ganz simpel auf die Frage “Was wollen Sie denn verdienen?” mit:
Sehen Sie, ich habe an meinem letzten Job 537'465.– CHF ver-dient und würde jetzt gern 500.– CHF mehr haben pro Mo-nat. Ich finde, aufgrund meiner gerade abgeschlossenen Ausbildung und der grösseren Verantwortung in diesem tollen Job bei Ihnen ist das ein vernünftiger Preis, was meinen Sie?
Tralali! Das ist doch schon alles! Wenn Sie eine Übergeldsprechhemmung haben, üben Sie halt ein bisschen.
Und mit der wichtigen Schlussfrage zeigen Sie Verhandlungsbereitschaft und Niveau. Man kann anfangen zu diskutieren. Wundervoll! Ich finde: Hart sein ist hart! Werden Sie soft, zeigen Sie Kompromissbereitschaft. Aber auch Selbstbewusstsein: Kompromissbereit sein heisst nicht, ein Depp zu sein und sich über den Tisch ziehen zu lassen. Das hat man in Deutschland weitestgehend vergessen – sorry für den Tritt! Und in Amerika erst!!!
Tipp Nr. 1: Schummeln verboten, hihihi!
Bei der Höhe des bisherigen Gehalts dürfen Sie in der Schweiz durchaus ein bisschen arabisch werden und ein paar Prozent draufschlagen. Das nennt man hierzulande seltsamerweise nicht lügen, das heisst märte (helv. für feilschen). Erzählen Sie ja niemandem, dass ich Ihnen das hier empfehle. Es kostet mich meinen Ruf, Job, Kind, Haus, Hund. Ich muss Clochard werden, wenn meine Kunden das erfahren. Aber es ist besser für Sie! Sie müssen beim Märte allerdings sicher sein, dass Ihr neuer Chef nicht mit Ihrem Jetzigen Billiard spielt oder so was. Dann fliegt Ihr Märte auf – dumm gloffe!
Ich habe bei meinem ersten Stellenwechsel in jugendlichem Übermut zwei Drittel auf den bisherigen Lohn draufgeschla-gen. Es herrschte Hochkonjunktur, und die wollten mich unbedingt. Ich habe zur Motivation noch 500.– CHF auf mei-ne schon überrissene Forderung draufgekriegt. Ein Riesensprung – SOOOVIIIIEL GÄÄÄÄÄÄLD!!! Ich bin fast umgefallen und konnte mir endlich teure Rahmjoghurts kaufen. Aber es war mein Marktwert. Ich war vorher massiv unterbezahlt.
Tipp Nr. 2: An der Nordseeküste...
Nördlich von Basel wird bei der BeWerbung oft der Lohnauszug verlangt. Nachträglich. Das Märte kann also ziemlich ins Auge gehen. Vorsicht! In Deutschland weht auch ein etwas rauerer Wind. Man haut einander öfter tüchtig drauf – das merkt man als Schweizer schon auf der Autobahn!
Ich denke dennoch, dass da auch Menschen sitzen – irgendwie. Und dass alle Menschen auf angenehme, kompromissbereite Verhandlungspartner eher angenehm und nicht mit Knalleshärte reagieren. Das ist der Trick.
Tipp Nr. 3: Bestimmtheit zeigt Charakter
Bestimmtheit kann sehr positiv wirken. Wenn Sie sehr klare Vorstellungen über Ihren Preis haben und es nett, sympathisch, aber bestimmt rüberbringen, so kann das sehr positiv wirken:
Einer unserer neuen Mitarbeiterinnen wollte ich persönlich zweihundert Fränkli unter dem geforderten Lohn geben. Obwohl eine eher zurückhaltende Person, kam Ihre prompte Antwort: “Sorry Herr Kühnhanss, ich habe wirklich genau diesen Lohn gemeint, nicht zweihundert weniger. Ich bin das auch wert. Sie werden sehen.” Da wurde mir meine Kleinlichkeit gar peinlich und meine Überzeugung stieg, genau die Frau gefunden zu haben, die mir meinen Laden schmeissen würde. Und sie war jedes Fränkli wert.
Und jetzt kommt natürlich die immerwiederkehrende Frage: “Was kann ich denn verlangen, was ist mein Marktwert?!?” Und das ist eine schwierige Frage, denn Sie sind kein Rahmjoghurt mit einem festen Preis. Das ist das Problem.
Wieviel bin ich wert?
Eine der am häufigsten gestellten Fragen ist: Was für ein Gehalt kann ich fordern? Wieviel bin ich wert? Dann antworte ich immer: “Materialmässig ungefähr 7 Räppli” (helv. für Cents), “denn Sie bestehen eigentlich zu 70 Prozent aus Wasser, der Rest is' ‘en biss-chen Kohlenstoff, Amalgam und ein paar Substanzen, die heute als Sondermüll gelten, der für ca. 2.– CHF teuer entsorgt werden müsste. Sie schulden mir also 1.93 CHF!”
Auf Deutsch: Hier herrschen grösste Unsicherheiten, denn niemand weiss was Genaues. Hier lauert auch Gefahr: Wenn Sie zu teuer sind, fliegen Sie raus; sind Sie zu billig, wird man entweder miss-trauisch und Sie fliegen auch, oder Sie kommen auf einer zu tiefen Ebene eines Gehaltssystems zum Zug und werden ausgebeutet. Das ist Tatsache. Es ist halt ein Markt und eine ausgesprochene Verkaufssituation – geradezu basarmässig und orientalisch.
Also sollten Sie vor einem Gespräch wissen, was Sie denn verlangen können. Das wär schön! Aber: Statistiken helfen wenig. Durchschnittswerte haben kaum Aussagekraft für Sie persönlich. Es gibt meines Wissens keine wirklich guten Erhebungen, nur so Hochglanz-Salärumfragen v.a. für Führungskräfte. Aber was nützt Ihnen so ein Durchschnitt wie: “Männlich, 34, in Frankfurt wohnhaft, Betriebswirt, bei einer Bank, mit einskommadrei Kindern, 64'567.– Euro.” Das nützt gar nichts. Ich kenne nämlich einen, der verdient 129'134.– Euro mit Ihrem Profil und einen andern, armen Ähnlichen, der ist gerade arbeitslos. Durchschnitt: Genau 64'567.– Euro. Das Gehalt hängt von so vielen Faktoren ab, es gibt keine verlässlichen, guten Zahlen. Ich rate Ihnen deshalb ganz simpel:
Rumfragen, was vergleichbare KollegInnen verdienen.
Wichtig: Zu lokalen Personalberatern gehen und fragen, wie sie das sehen. Dafür sind wir da! Wir wissen's wirklich aus erster Hand, wir kennen die Bandbreiten.
Und dann: Sich gut verkaufen, wie in diesem Buch empfohlen. Das heisst: Einfach ausprobieren und märte.
Vor allem an der persönlichen Überzeugungskraft und Ihrem Selbstbewusstsein arbeiten, das kann Ihr Gehalt um sagen wir mal lockere 15% nach oben treiben.
Ich weiss, das ist eigentlich eine dürftige Antwort, aber es gibt einfach keine Bessere, die auch noch seriös wäre. Machen Sie sich das Leben auch nicht unnötig schwer: Sie haben keinen festen Preis!
Wenn Sie jetzt aufgrund dieser Tipps ein Bombengehalt rausholen, werden Sie sicher auch das Buch bezahlen können:
Hier Jetzt kommen wir zum wichtigsten im ganzen BeWerbungsgeschäft überhaupt, zu Ihnen selbst, wie sich fühlen, wieviel Selbstvertrauen Sie haben, wie sicher Sie sich Ihrer selbst sind und wie gerne Sie sich haben. Das ist die Basis für den Erfolg bei der Stellensuche, beim BeWerben, im Vorstellungsgespräch und im Leben überhaupt.